Nach dem Klimawandel

Klimawandel: Mit Vollgas Richtung Abgrund

Achtung: Der Beitrag ist politisch tendenziös. Das ist Absicht. Ich will es den wenigen, die ihn lesen, um die Ohren hauen: Wenn es politisch und gesellschaftlich so weitergeht, sind wir sehr bald am Arsch.

Dem allgemeinen Wahlkampfgetöse, das uns derzeit in Form von Triells und inhaltsleeren Wahlplakaten um die Ohren fliegt, kann man sich kaum entziehen. Trotzdem oder gerade wegen dieses Dauerfeuers, das auf verschiedenen Kanälen durch geifernde Kommentare und giftige gegenseitige Anschuldigungen noch Brennstoff erhält, mag man sich bisweilen nur müde abwenden. Dem Hauch sich andeutender Veränderung auf der „links-grün-versifften Gutmenschen“-Seite steht das veritable Bollwerk der verkrusteten „Weiter so“-Altherrenriege entgegen.

Vom Hauen und Stechen

Dabei läuft es doch – die aktuellen Umfragewerte zeigen es – auf einen Kompromiss hinaus. Es wird keine der Parteien nach dem 26. September allein regieren können, selbst ein Zweierbündnis könnte am Ende ausgeschlossen sein. Und so fragt man sich, welchen Wert die gegenseitigen Vorhaltungen der Protagonisten bei den ersten Koalitionsverhandlungen noch haben werden, wenn sie sich am Ende doch wieder zusammenraufen, um irgendeinen halbgaren Koalitionsvertrag zusammenzuschustern.

Müde bis hin zu hoffnungslos macht mich derzeit auch, dass in dem zum amerikanischen Tumult hochstilisierten Geplapper und Geplärre ein fadenscheiniger Personenkult um Führungspersönlichkeiten gesponnen wird. Dem werden diese zum einen nicht gerecht. Zum anderen, und das ist schlimmer, werden die Absichten der Parteien, für die sie antreten, so weit in den Hintergrund gedrängt, dass Inhalte von Wahlprogrammen für viele Wähler nur Prio Zwei sind.

Natürlich ist es einfacher und auch nachvollziehbar, sich für eine einzelne starke Person zu erwärmen. Wer sehnt sich nicht nach einer Führungspersönlichkeit, die sie/ihn an die Hand nimmt, den Eindruck von Schutz, Fürsorge und Kompetenz vermittelt. Daneben spielt es auf der Ebene der hohen Politik für viele eine Rolle, dass Staatsvertreter:innen eine gute Figur machen. Und da sind die Sympathien bei den derzeitigen Kontrahenten ganz individuell verschieden und schnell verteilt.

Welcome to the Wahlprogramm-Jungle

Es ist mühsam und zeitaufwändig, Wahlprogramme zu lesen (und zu verstehen) und noch mühsamer, diese zu vergleichen. Nicht jedes Thema lässt sich mit Bewertungssternchen versehen und übersichtlich in eine Tabelle mit Spalten und Zeilen pressen. Um sich einen Überblick zu verschaffen, gibt es einige brauchbare Seiten wie die der Tagesschau. Zeit sollte man mitbringen. Oder zumindest den Wahl-O-Mat sollte jeder Wahlberechtigte vor der Wahl einmal durchgespielt haben. Einfacher geht es nicht, die eigenen Ansichten mit denen der zur Wahl stehenden Parteien zu vergleichen. Da kann es auch zu Überraschungen kommen.

statista.de: FDP und Union unterstützen VielverdienerViel zu wenig Beachtung wird dem Vergleich der Wahlprogramme auch bei Steuern und Finanzen gewidmet. Das Schreckgespenst der Verteuerung der Lebenshaltung, verursacht von einer linken Regierung, geht weiterhin um. Die Süddeutsche Zeitung hat aufgeschlüsselt, welche Einkommensstufen von den jeweiligen Plänen der Parteien profitieren würden, und da schneiden CDU und FDP im Vergleich zu den Parteien eines möglichen Linksbündnisses eher schlecht ab. Grafisch aufbereitet findet sich das bei statista.

Ein wenig Hilfestellung geht ganz konkret und aktuell in Form von so genannten Sofortprogrammen auf uns nieder. Es ist aus meiner Sicht das verklausulierte Wahlprogramm-Gedöns in eine leicht verdauliche Form für den unentschlossenen und/oder müden Wähler destilliert, der am 26. September lieber ausschläft und dann Netflix glotzt, statt sein per Grundgesetz verbrieftes demokratisches Recht zur Wahl der Volksvertretung zu nutzen. Zum Teil verständlich: Selten halten von Marketing-Experten aufgebauschte Sofortprogramme, was sie versprechen, weil sie zähneknirschend der Kompromissmühle der Koalitionsverhandlungen geopfert werden. So wurde bspw. aus der 2017 von der SPD angepriesenen Bürgerversicherung nichts.

All das darf jedoch keine Entschuldigung für Untätigkeit auf der Wählerseite sein. Um ein Vielfaches schwerer wiegt seitens Politik die Ignoranz oder willentliche Ausblendung wichtiger Themen, die meist globalen Charakter besitzen. Die Auseinandersetzung mit dem Thema Migration scheint nicht wichtig zu sein. Und das Wort Corona mag wohl keiner der Wichtigs momentan überhaupt noch in den Mund nehmen aus Angst, noch irgendwelche potenziellen Wähler gegen sich aufzubringen.

War da was? Klimawandel?

Ähnliche Sprengkraft hat sowohl politisch wie gesellschaftlich der Klimawandel. In seinem unvergleichlichen Stil hat kürzlich Rezo in seinem Video „Zerstörung Teil 2: Klima-Katastrophe“ das ganze Desaster sehr eindrücklich auf den Punkt gebracht. Vor allem die Verantwortlichen bekommen darin ihr Fett weg. Dazu passend habe ich erst kurz zuvor das Buch „Generation Weltuntergang“ (2019) von Stefan Bronner und Anne Weiss gelesen, die innerhalb von zwei Jahren schon überholte und konsequent überarbeitete Version von „Planet Planlos – Sind wir zu doof, die Welt zu retten?“

Was einigermaßen spaßig klingt, hat einen im wörtlichen Sinne todernsten Hintergrund. Zwar liefern die Autoren in ihrem Buch, wie auch Rezo in seinem Video, etliche zynische Spitzen zur aktuellen globalen Krise und besonders gegen die Verantwortlichen, doch es schwingt immer eine Bitterkeit mit, die auch nach dem Lesen bleibt. Und in der Danksagung betonen die Autoren, dass die Intention eigentlich eine humorvoll unterfütterte Auseinandersetzung mit dem Klimawandel sein sollte, sie aber schon bei der Recherche und schließlich beim Schreiben gemerkt hätten, dass zuviel Leichtigkeit dem Themenkomplex nicht mehr angemessen sein würde. So wirkt auch der 10-Punkte-Masterplan am Ende des Buchs eher semi-konsequent und wie der halbherzige Versuch, doch noch einen positiven Ausblick aus dem Trümmerhaufen zusammenzukehren, den wir bereits angerichtet haben.

Was jedoch „Generation Weltuntergang“ ausmacht, ist die Zusammenfassung des Status quo. Jeglicher Zweifel am menschengemachten Klimawandel wird mit vielfach untermauerten Quellen faktisch unmöglich gemacht. CO2-Anstieg, Anstieg der Meeresspiegel, Gletscherschmelze, tauende Permafrostböden, Dürren, heftigere und häufigere Extremwetterereignisse, … Wissenschaftler haben vor Jahren und Jahrzehnten diese Dinge vorausgesagt. Sie sind eingetreten und waren zu großen Teilen schlimmer, weil Wissenschaftler eher zurückhaltend agieren. Und weitere Ereignisse sind jüngst eingetreten, ich sage nur Ahrtal, Hurrikan Ida, Waldbrände in Sibirien, Südosteuropa, Kalifornien, Kanada, …

What the Fact?

So bin ich, wie viele andere, an einem Punkt, an dem ich nur noch müde bin, selbst müde für Zynismus. Ich empfinde die dauernde infantile Renitenz von Leugnern und Skeptikern nur noch lästig, im wörtlichen Sinne von „Last“. Sie bringen kein Vertrauen mehr auf für die Wissenschaft. Für Menschen, die Jahre in Studium und Forschung investiert haben, um ihre Fähigkeiten zum Wohle der Menschheit einzusetzen. Müde bin ich, weil immer dieselben Argumente der Klimaleugner und „Skeptiker“ dahergebetet und unreflektiert von der lesefaulen RTL2-Gemeinde wiedergekäut werden. Dabei gibt es in der Internet-Uni dermaßen viele fundierte Texte (siehe unten), welche auch diese Klientel überzeugen könnten, wenn sie es nur wollten.

Die Fakten liegen auf dem Tisch, seit Jahrzehnten, und erste Warnungen wurden schon vor über 100 Jahren formuliert. Aber nach wie vor wird in diesem Land die Sinnhaftigkeit eines Tempolimits diskutiert, der geeignete Zeitpunkt für den Kohleausstieg, der Nutri-Score auf Lebensmitteln, während andere Länder es vormachen. Aber wer sind wir Deutschen, dass wir uns andere Nationen mal zum Vorbild nähmen. Dänemark hebt weitestgehend Corona-Beschränkungen auf, weil eine Impfquote von über 70 Prozent erreicht ist. Bei uns wird stattdessen über 2G, 3G und Luftfilter in Schulen gelabert. Und in der jetzigen Impfwoche vermögen selbst Karussell-Freifahrten und Gratis-Pizza kaum einen trägen Ungeimpften aus dem Sessel zu heben. Paris erklärt bis auf die großen Straßen das ganze Stadtgebiet zur Tempo-30-Zone, und in der Straße vor unserem Haus – gegenüber ein Kindergarten, nebenan ein Spielplatz – donnern SUVs und Busse mit 55 km/h vorbei … Aber ich schweife ab.

Die untere Schublade

Demo für UmweltschutzAuslöser für den Beitrag ist auch hier die untere Argumente-Schublade der ewig gestrigen Weiter-so-Fraktion, in der sich so Unsinniges findet wie „Deutschland ist nur für 2% der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich“ (Gegenargumente auf klimafakten.de).

Anfang dieser Woche hat Fridays For Future erneut zum weltweiten Klimastreik am 24.09. aufgerufen, sehr wirksam zwei Tage vor der Bundestagswahl. „OK“, denke ich mir, „ich tu sie mir an, die Kommentarspalten“, und *tusch*, da sind sie:

  • „Die sollen lernen und arbeiten gehen und dann mal was Sinnvolles tun, oder sollen wir Alten ihnen wieder die Welt retten?“
  • „Jaja, aber dann den Müll in den Park schmeißen!“
  • „Und dann von Mutti im SUV abholen und zu Primark fahren lassen.“
  • Oder es wird gar über die Definition des Begriffs „Streik“ fabuliert.

Ich. Könnte. Kotzen.

Immer wieder dieser konservative Altherren-Bullshit, auch von Jüngeren. Dieses pseudo-weise Wangen-Getätschel mit dem vermeintlich gutmeinenden „Ihr werdet schon noch feststellen, was ihr da für einen Quatsch macht und wie gut wir das im Griff haben.“

Nein. Habt ihr nicht. Ihr habt es verkackt.

Das mag nach dem Krieg in Ordnung gewesen sein, harte Zeiten, und ihr wusstet es nicht besser. Aber spätestens seit den 1960ern, allerspätestens mit Erscheinen von „Die Grenzen des Wachstums“ des Club of Rome hätte klar sein müssen, dass ein „Weiter so“ den viel-zitierten voll besetzten Bus noch einmal beschleunigt.

Die Beweislast des menschengemachten Klimawandels ist erdrückend und weder zu ignorieren noch wegzudiskutieren. Es geht nicht mehr um das „ob“, sondern um das „wie bald“ und „wie heftig“. Und da kann die Menschheit als Ganzes nicht darauf warten, dass „der Markt das regelt“ (tut er nicht, FDP), dass „Länder wie China und die USA erstmal vorangehen sollen“ (tun sie) oder allein die Innovationskraft der Industrie schon rechtzeitig die Kehrtwende einleiten wird (wird sie, aber nicht rechtzeitig und nicht allein).

Es ist bekannt, dass die Mehrheit der Wahlberechtigten älteren Semesters ist und junge Menschen unter 30 nur noch 15% ausmachen (Demografie-Portal, Stand 2017). Wie kann die nachfolgende Generation da Vertrauen in die Politik aufbauen und konstruktiv mitwirken, wenn sie sich in den Wahlergebnissen nicht repräsentiert sieht? Senkt endlich das Mindestalter im Wahlrecht, und sorgt für mehr politische Bildung in den Schulen.

Aber dazu braucht es ja politische Entscheidungen. Von alten Politikern. Man dreht sich im Kreis. Und wird müde.

Was die Bundestagswahl und die kommenden Jahre angeht, um mit einem Zitat zu schließen:

Ich hab da ein ganz mieses Gefühl.

Han Solo

Und hoffe dennoch auf eine Überraschung.


Argumente von Klimawandelleugnern und Gegenargumente

Weltverbesserer: Klimawandel-Fakten: 7 Klimaleugner-Argumente im Faktencheck
FOCUS: Argumente widerlegt: Was Sie Klimaskeptikern auf krude Theorien antworten sollten
Neue Zürcher Zeitung: Klimawandel: Forscher antworten auf die Argumente von Skeptikern