Halbzeit: Ich wünsche mir alles Gute

Ab und zu dringt es in meinen Beiträgen durch: Als Mittvierziger mache ich mir Gedanken hinsichtlich meines Alters, das in den vergangenen viereinhalb Dekaden Erreichte und die Möglichkeiten der kommenden Jahre. Einige meiner gleichaltrigen Geschlechtsgenossen schlittern in die Auswüchse einer handfesten Midlife-Crisis, wo PS-starke Karossen, übermäßiger Sport und womöglich ein oder mehrere Geliebte ihre Rollen spielen. Geht irgendwie an mir vorüber.

Anlass zum Sinnieren ist, dass es an allen möglichen Orten Tick-Tack macht: Die Haare werden licht und/oder grau, Treppen werden gefühlt länger und steiler, der Kater nach durchzechter Nacht mutiert zu einem plumpen Monstrum à la Garfield @ the biggest loser. Wegbegleiter aus dem Familien- und Freundeskreis verlassen die gemeinsame Bühne, sei es bisweilen schmerzhaft verfrüht oder auch nach Erreichen eines gesegneten Alters, genauso wie die prominenten Helden aus Kindheit und Jugend, jüngst Malcolm Young von AC/DC. Sie alle senden einen grimmigen letzten Gruß: Der Grimme Schnitter macht uns am Ende alle gleich, und keiner weiß, wo er die Sense gerade schwingt oder ob er ein Depp mit zwei linken knochigen Händen ist, der sein Werkzeug einfach an einer blöden Stelle hat umfallen lassen.

Da stehe ich nun am Ende der ersten Halbzeit. Dieses Bild kommt mir nicht grundlos in den Sinn. Vorige Woche, am Vorabend meines Geburtstags, spielte die deutsche Fußball-Nationalmannschaft gegen Frankreich. Das Spiel habe ich nur in Teilen verfolgt, es ging durch einen letzten Treffer in der Nachspielzeit 2:2 aus. Ein Testspiel, kaum der Rede wert. Na gut, ich bin auch kein ausgemachter Fußball-Nerd.

Trotzdem drängte sich mir die – mag sein, naive – Analogie auf: Die erste Hälfte ist rum. Jetzt geht es in die Kabine, der Trainer faltet die Spieler zusammen, weil das Match bisher nicht nach seinen Vorstellungen gelaufen ist. Oder er feuert sie an, weil sie mutig und mit aller Kraft gegen die andere Mannschaft angekämpft haben.

Jedenfalls gibt es noch einmal mindestens 45 Minuten, mit allem, was so ein Spiel hergeben kann: grandiose Tore, absichtliche, bösartige und unglückliche Fouls, euphorische Fanchöre, einen Flitzer…

Da das Leben kein Testspiel ist, eher immer das Finale, muss es am Ende einen Gewinner geben. In der Regel, nein, immer ist das der Sensenmann, aber es ist an uns, ihm so lange wie möglich Paroli zu bieten.

Bleib auf den Beinen und in Bewegung, dann kassierst du nicht ganz so viele Tore. Sei fair zu deinen Gegnern und sei ein Teil deines Teams. Mach das Spiel durch Agilität, Spontaneität und deine kreativen Fähigkeiten zu etwas Besonderem, an das sich die Fans und deine Mitspieler noch Jahre später mit Freude erinnern. Wenn es nach 90 Minuten immer noch unentschieden steht und du noch nicht vom Platz getragen wurdest, geht es in die Verlängerung – oder danach sogar ins Elfmeterschießen.

In dem Sinne, ich muss wieder auf den Platz.